Energieforschung Schweiz

Solarstatistik aus der Luft

Wer mit der Software «Google-Earth» über die Schweiz fliegt, erkennt Dächer mit Solaranlagen meistens sofort. Trotzdem weiss niemand genau, wo in der Schweiz welche Anlagen installiert sind. Bestechend wäre es, aus Luftbildern Photovoltaik- und solarthermische Kollektorflächen systematisch zu erkennen. Forschende der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) haben sich mithilfe von maschinellem Lernen daran gewagt.
Solaranlagen aus Luftbildern automatisch erkennen

Mit maschinellem Lernen lassen sich Solaranlagen auf Luftbildern erkennen. Das Resultat hier zeigt einen Ausschnitt der Stadt Basel mit rot eingezeichneten Photovoltaikanlagen und gelb markierten solarthermischen Anlagen.

Quelle: FHNW

Auf einen Blick

Es gibt bisher keine verlässliche Statistik über Solarinstallationen in der Schweiz. In hochauflösenden Luftbildern von swisstopo wurden mithilfe künstlicher Intelligenz bestehende Photovoltaikanlagen und solarthermische Anlagen automatisch identifiziert und quantifiziert. Mit einer Gesamt-Modellgenauigkeit von rund 90 Prozent erreicht die Methode eine hohe Präzision und Trefferquote. Die ermittelten Daten erlauben Aussagen zur geografischen Verteilung von Dach-Solaranlagen und zur zeitlichen Veränderung.

Wie viele Solaranlagen sind in der Schweiz installiert? Wie viel Strom und Wärme produzieren diese? Solche Zahlen werden heute aufgrund von Markterhebungen und durchschnittlichen Jahreserträgen geschätzt. Doch sie sind mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem wird aus Verkaufszahlen nicht klar, wo und mit welcher Ausrichtung und Neigung die Photovoltaikmodule und solarthermischen Kollektoren installiert sind. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Jahresproduktion. Liessen sich diese Daten dank Digitalisierung genauer erfassen? Forschende der FHNW hatten zusammen mit dem BFE die Idee, Photovoltaikanlagen und thermische Solarkollektoren auf Luftbildern automatisch zu detektieren und daraus die Fläche zu berechnen.

Gute Datengrundlage vorhanden

Möglich ist eine automatische Erkennung nur dank hochauflösender Luftbilder des Bundesamts für Landestopografie swisstopo. Die von Verzerrungen befreiten Bilder (Orthobilder) decken die ganze Schweiz mit einer Auflösung von 10 cm im Flachland sowie 25 cm in den Alpen ab und werden in einem Zyklus von drei Jahren aktualisiert. Zudem verfügt swisstopo über 3D-Modelle aller Schweizer Gebäude. Daraus lassen sich Orientierung und Neigung der Dächer auslesen, um die Fläche von Solaranlagen zu berechnen, in einem weiteren Schritt auch deren Produktion.

Selbstlernender Algorithmus

Für die Analyse der Luftbilder greifen die Forschenden auf Methoden des maschinellen Lernens zurück. Anhand von Luftbildern, auf denen Solaranlagen von Hand markiert und zugeordnet wurden, «lernt» der Computer, die Solarflächen als solche zu erkennen. Dabei sucht der Algorithmus die Luftbilder nicht einfach nach vorgegebenen Bildern ab, sondern er leitet aus den Trainingsdaten eigene Muster und Gesetzmässigkeiten ab.

Hohe Trefferquote

Je mehr Lernstoff der Algorithmus erhält, desto besser wird er. Die Software der FHNW, die mit 30 000 Trainingsdaten gefüttert wurde, erreicht schon eine beachtliche Leistung: 92 Prozent der ausgewiesenen Photovoltaikanlagen waren wirklich solche. Etwas mehr Schwierigkeiten hat der Algorithmus mit solarthermischen Kollektoren: 88 Prozent werden richtig zugeordnet. Noch erkennt der Algorithmus aber nicht alle Solarflächen. Die Quote wird umso schlechter, je genauer der Algorithmus bestimmen soll, ob es sich um photovoltaische oder solarthermische Module handelt. Absolute Flächendaten lassen sich mit dem Verfahren deshalb noch nicht ganz genau ableiten. Möglich sind jedoch Aussagen zur geografischen Verteilung der Solaranlagen oder zur zeitlichen Veränderung, wenn die Analyse regelmässig wiederholt wird.

Produkte aus dem Projekt

Schlussbericht (Englisch):
Fachartikel:

Kontakt und Team

Projektleitung

Martin Christen

Fachhochschule Nordwestschweiz

Institut Energie am Bau

St.Jakobs-Strasse 84

CH-4132 Muttenz

martin.christen@fhnw.ch